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Neu, Neuer New York In Sprockhövel ist es klar geregelt. Was Obersprockhövel heißt liegt auch tatsächlich oberhalb von Niedersprockhövel – und umgekehrt. Dagegen ist es unlogisch, dass New York älter ist als zum Beispiel Old Orchard Beach. So neu kann Neu York auch gar nicht sein. Vielleicht nur stellenweise. Jedenfalls habe ich solch museumsreife Läden in den letzten dreißig Jahren nicht mal mehr in Obersprockhövel gesehen
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Läden, deren Inventar nach Museum riecht – nach altem staubigem Holz. Wo die Preise noch in eine altmodische mechanische Kasse eingetippt werden. Wo man persönlich begrüßt und sogar rumgeführt wird und man sich am nächsten Tag noch an einen erinnert.
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Wenn es um die Metropolen der Welt geht, wird NY immer unter den ersten dreien genannt, und dann so was. Das Designer-Badezimmer kennt immer noch kein Hänge-WC mit Hinterwandinstallation, statt dessen sind auch in den besten Hotels sichtbare Spülkästen mit Druckspülung, klobige Waschtische auf Stelzen mit zwei einzelnen Wasserhähnen angesagt. Damit gäbe es bei uns so viel Mietabzug, dass der Vermieter noch was drauflegen müsste.
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New York hatte ich mir größer, imposanter und beeindruckender vorgestellt. Mit viel mehr Menschen. Vor Allem mit mehr modischen Menschen. Ich dachte immer, die gemeine New Yorkerin sähe in etwa so aus, wie die Mädels aus Sex And The City. Stattdessen sind sie modisch nicht nur nicht auf dem Laufenden sondern hinken in Gummistiefeln ganz weit hinterher. Oben das ClipArt einer Business-Frau aus einer Power-Point-Präsentation – ein schlichtes, graues Kostüm – und unten Bauer in kniehohem Mist.
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Öffentlich-rechtlich Sehr imposant sind die älteren Hochhäuser mit viel Liebe zum Detail. Gruselige Wasserspeier an jeder Hausecke – wie in Gotham City. Die neuen Türme kommen da nicht mit.
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Ganz besonders begeistert bin ich vom Hauptbahnhof.
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Ich wusste, dass er groß und stark ist, das konnte ich in vielen Filmen sehen, aber soo groß und soo schön hätte ich nicht gedacht. So was hätten wir längst abgerissen – oder unter die Erde gelegt. Und ganz erstaunlich, dass es nicht von Pennern, Bettlern und Straßenmusikern wimmelte und wir weder Hundescheiße noch Kaugummis ausweichen mussten. Nur Leute mit Handys rennen einen gerne mal über den Haufen.
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Der Grand Central Station ist, im Gegensatz zu unseren Bahnhöfen, todschick, hell, sauber, großzügig, verfügt über eine üppige Fressmeile und sowohl Info- als auch Ticketschalter. Ein Bahnhof, viel zu schade um nur Bahn zu fahren.
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Ansonsten ist das mit dem Nahverkehr nicht so klar gelöst. Wenn man endlich einen Ticket-Automaten gefunden hat, der Johnny Cash annimmt, dann noch irgendwo genug Vierteldollarmünzen gewechselt bekommt um die Fahrscheine zu ziehen, hätte man in der passenden Buslinie dann doch wieder bar bezahlen sollen. Erklärt wird das jedoch nirgends.
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Und auch das U-Bahn-Fahren ist nicht so einfach. Die Stationen sind schwer ausfindig zu machen, das Fahrscheinsystem schwer zu durchschauen und die Tickets öffnen nicht immer das Drehkreuz zu den Bahnsteigen. Man darf sich auf jeden Fall nicht spontan überlegen, Bus oder U-Bahn zu nehmen, sondern sollte dies vorher genauestens geplant und sich entsprechend informiert haben. Wenn man es vorher noch nicht wusste, so lernt man spätestens jetzt: in New York fährt man Taxi.
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It’s up to you Wenn ich an „New York“ denke, sehe ich die „Skyline“ des „New York-New York“ in Las Vegas vor mir und summ – ohne es zu wollen – mit dem alten Österreicher am transparenten Schimmel. Dabei sollte die Stadt meiner Meinung nach nicht in einem Zuge mit Hawaii und San Francisco genannt werden – es fehlt das Aloha-Feeling und von Flower-Power ist auch keine Spur – dann schon eher mit Rio und Tokyo. Die Skyline Manhattans sieht tatsächlich genau so aus, wie die des Casinos. Nur dass die echte Miss Liberty für Kurzsichtige ein bisschen schwer zu entdecken ist.
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Kettenwirtschaft In der Lexington Street ist Frühlingsfest. Ja, schön wär’s. Wir frieren und schon seit drei Tagen den Knackarsch ab. Aber selbst bei Frühlingstemperaturen wäre das Straßenfest nix: nur Kettenwirtschaft. Ein Brillenstand, ein Stand mit Tüchern, einer mit Hüten und Kappen und zwischendurch verbrannte Maisfladen mit Käse, gegrillte Maiskolben und irgendwas namens Gyro. Sieht aus wie durch den Wolf gedreht und wird geschnitten, noch bevor jemand was haben will. Da läuft einem nicht das Wasser im Munde zusammen sondern man selbst besser weg. Und danach geht es von vorne los. Knappe 10 Blocks, immer wieder dieselben Waren und dasselbe Essen und, so glaube ich, auch dieselben Verkäufer. Also gut, dass es zu kalt für ein Frühlingsfest ist und wir drinnen essen können.
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Hupe wem ’ne Hupe gegeben Ich bin die Erste die hupt, wenn die Ampel längst grün ist und es nicht losgeht. Auch, wenn ich nicht gleich hinter der Schlafmütze stehe, sondern erst an sechster Stelle. Und ich erwarte das auch von allen anderen, dass ich auf längst grüne Ampeln aufmerksam gemacht werde, wenn ich vor mich hindöse. Aber in NY ist Hupen ein Statussymbol, eine Art zu sagen, hey, ich bin heute auch mal mit dem Auto in der Stadt. Alle stehen im Stau. Und zwar in dem, den sie selbst verursachen, einerseits weil sie da sind und andererseits weil sie sämtliche Kreuzungen blockieren. Und da hilft Hupen meines Wissen kein bisschen weiter.
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Bienen gegen Blümchen Fern der Heimat und scheiß Wetter? Da gucken wir uns doch das Champions-League-Finale im Hofbräu Bierhaus an. Der „Biergarten“ in der ersten Etage – nicht schön, aber selten – ist rappelvoll. Wir hätten reservieren sollen, so wie alle anderen Gäste außer uns. Das Hofbräu war sehr lecker, aber nach Bud Light schmeckt sowieso alles gut, die Stimmung war bestens, Amtsprache Englisch, parteiisch ausgewogen mit leichtem Gelbstich. Mir war’s egal. Wobei ich nach dem Spiel sagen muss: unseren Nachbarn hätte ich’s mehr gegönnt.
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Abhändygkeiten Was glauben diese Blagen eigentlich, wie viele Leben sie haben? Wenn sie dieses hauptsächlich damit verbringen, mit Leuten zu kommunizieren, die gerade nicht mit ihnen unterwegs sind. Die, die bei ihnen sind, werden dagegen ignoriert. Sie sitzen auf dem Rockefeller Building – und anstatt die Aussicht zu genießen, zu bestaunen oder wenigstens wahrzunehmen, wird gesimst, getwittert oder gepostet.
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Sie sitzen im Brauhaus und während alle um sie herum das Champions Leage Endspiel schauen, wird getippt und gewischt und bereits eine Sekunde später nervös geschaut, ob schon Antwort da ist. Die anwesende Begleitung wird dabei keines Blickes gewürdigt. Sie sitzen beim Essen und nippen nur mal kurz, während sie Infos austauschen mit Leuten, die nicht dabei sind. Na ja, wirklich essen können sie auch gar nicht, da sie mit einer Hand ihr Smartphone bedienen. In diesem Leben wird also hauptsächlich gefilmt und getwittert und im nächsten kann dann gelebt werden, Dinge betrachtet und mit den Leuten gesprochen werden, die anwesend sind? Was ist nur aus der guten alten Tradition geworden, Urlaubsbilder und –geschichten zu Hause bei einem geselligen Abend zu präsentieren?
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Diese Handysucht ist schlimmer, als jede andere. Selbst Raucher machen beim Essen ihre Zigaretten aus. Es scheint, als wäre das Handy wie ein Tamagotchi und stirbt, wenn man es fünf Sekunden nicht beachtet – oder noch schlimmer, der Handy-Abhängige selbst stirbt.
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