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Nie wieder USA – ach was, Las Vegas geht immer
Eigentlich hats uns gereicht. Volker sowieso, der alle 50 Staaten und alle Highlights teils mehrfach gesehen hat; und auch ich hatte keine Wünsche mehr offen. Volker hatte noch einen Status bei British Airlines und hat überlegt, was er damit anstellen kann. Und dann ist es irgendwie Las Vegas geworden, von dem wir oft gesagt haben: geht immer. Und um es gleich vorweg zu nehmen: jetzt reichts wirklich. Echt.
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11.03.2025 – Nur 37 Stunden Es wird ein langer Tag. Der Wecker weckt uns um 4 Uhr und dabei sind wir schon in Düsseldorf, wo wir aufgrund der frühen Stunde gleich neben dem Flughafen übernachten. Gestern wurde gestreikt und ich habe das Flughafengebäude noch nie so leer gesehen. Wir zählen mehr Pfandflaschensammler als Beschäftigte und Passagiere zusammen, was eine traurige Bilanz abgibt, insbesondere, da es heute nicht viel zum Sammeln geben kann. Eigentlich wollten wir in der L’Osteria zu Abend essen, aber wenn niemand fliegt, dann isst auch keiner, und die Restaurants haben geschlossen. Zum Glück hatte der gestrige Streik keinerlei Auswirkungen auf die heutigen Flüge, wir geben um halb fünf unsere Koffer ab, trinken in der Lounge noch einen Kaffee und starten pünktlich. In Heathrow sitzen wir gut eine Stunde später in der BA Lounge in bequemen Sesseln an Panoramafenstern, frühstücken und beobachten für die nächsten gut dreieinhalb Stunden den Flugbetrieb.
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Es geht erst um kurz vor zwölf weiter nach Chicago, wo bei vier Grad Celsius Kurze-Hosen-Wetter herrscht. Und bis wir in Las Vegas im Bett liegen, werden gut 27 Stunden ins Land gegangen sein. Aber wir haben‘s ja, also die nötige Zeit und Ruhe.
Der Plan war, bequem sitzen mit entspannten Umsteigezeiten zu reellen Preisen, das ist soweit aufgegangen. Jedoch sind 37 Stunden von A nach B am Stück nicht zu unterschätzen. Ich merke deutlich, ich bin keine 37 mehr. Obwohl… eine Stunde pro Lebensjahr, hört sich eigentlich perfekt an.
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Bequem Reisen, das hat schon mal hingehauen. Zwei Mal hatten wir eine Dreierreihe nur für uns zwei und ein Mal Economy+.
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Entspannte Umsteigezeiten mit Loungeaufenthalt war auch ok. Aber der Tag war einfach sehr lang. Die Belohnung für unsere Mühen war allerdings der Anflug auf Vegas: einmal den kompletten Strip entlang mit Blick auf alles und mit Beleuchtung.
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12.-15.03.2025 – Downtown
Nach dem wir nun bereits mehrfach am Strip übernachtet haben, wollten wir, da der durch Neubauten und Renovierungen immer moderner wird und dadurch seinen Reiz verliert, auch mal ein ursprünglicheres Las Vegas erleben. Volker hat ein Hotel ausgewählt, das nur wenige Schritte von der Fremont Street entfernt liegt, dem Urstrip sozusagen, 1905 zusammen mit den ersten Casinos erbaut. Der ist zwar auch nicht vom Wandel der Zeit verschont geblieben, immerhin kann man keine Verfolgungsjagden mehr filmen, denn er ist für den Verkehr gesperrt. Er wurde mit einer gewölbten LED-Leinwand überdacht, auf der regelmäßig bunte Lichtershows zu sehen sind, und unter der eine Zipline installiert wurde, mit der Volker auf gar keinen Fall die Straße entlang fliegen will. Verstehe ich nicht, ich würd‘s machen. Wenn ich er wäre. Bin ich aber nicht.
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Auf jeden Fall ist es hier so entspannt und altmodisch, wie ich es mir gewünscht hatte. Kurze Wege, keine ewiglangen Bauzäune, die staubige Baustellen verbergen sollen, und viele altmodische Casinos, die an der Gründung Las Vegas‘ beteiligt waren. Wir haben ja erst bei Wer-weiß-denn-sowas? gelernt, dass das, was wir bisher als Las Vegas kannten, gar nicht Las Vegas, sondern Paradise ist. Las Vegas scheint das bisher auch nicht gewusst zu haben, denn es wurde erst kürzlich ein neues, riesiges Ortseingangsschild installiert, das an zwei ineinandergreifenden Stahlbögen in 24 Metern Höhe mitten über der Straße hängt. Der doppelte Gateway Arch, der quer über der Straße gespannt ist, steht in Höhe des Stratosphere Towers, der nur noch Strat heißt, weil er die zweite Hälfte seines Namens, großzügig, wie Große nun mal sind, an die Sphere, eine kugelige Mehrzweckhalle, abgegeben hat.
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Hier in Downtown weiß man die Wurzeln des Spielerparadieses noch zu schätzen, und wenn immer am Strip eines der altehrwürdigen Themenhotels einem neutralen, modernen Hochhausblock Platz macht, hebt man zumindest die einstig blinkende Beleuchtung auf. Im Neonmuseum oder besser auf dem Neonfriedhof steht, liegt oder hängt alles, was die lange Las-Vegas-Geschichte zu bieten hat. Manches ist kaum noch zu identifizieren, vieles ist einfach nur schön und einiges sieht sogar aus wie neu. Ein verhältnismäßig kurzer Rundgang, aber bei jeder Runde entdeckt man was anderes. Ist auf jeden Fall im Dunkeln zu empfehlen, da die meisten Schilder beleuchtet sind oder werden.
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Wenn Tim Allen an Hot Rod denkt, hat er bestimmt was ganz anderes im Sinn als ich. Bei mir ist es seit gestern Rod Stewart. Der Achtzigjährige tritt im Caesars Palace auf und ich bin davon so begeistert, dass ich nicht weiß, ob ich ihn adoptieren oder mir ein Kind von ihm wünschen soll. Immer noch perfekt bei Stimme, ein drolliger Lausbubencharme, alte Klassiker zum Mitsingen und Schmonzetten zum Dahinschmelzen, sogar welche, die man gar nicht von ihm erwartet hätte.
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Wir sind im Hotel & Casino El Cortez abgestiegen, das aus dem Jahr 1941 stammt. Es wurde zwar gründlich renoviert, aber der spanisch-mexikanische Stil ist beibehalten. Es ist wirklich gut gelegen und hat kurze Wege vom Eingang bis zu den Fahrstühlen. Unser Zimmer bietet einen tollen Ausblick auf den Strat von den Betten mit großen, gedrechselten Pfosten aus. Jedoch ist am Wochenende die andere Seite zu bevorzugen, da auf der Seite zur Fremont Street bis 3 Uhr früh die Kakophonie aus verschiedenen Musiken ungefiltert laut im Zimmer zu hören ist.
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15.03.2025 – Pah! Tonopah
Auf dem Weg von Vegas nach Tonopah kommen wir, von den Aliens bei Area 51 unentführt, auch durch Goldfield. Hier scheint es frisch geschneit zu haben und dennoch ist das Wetter angenehmer als in Vegas. Im International Car Forest of the Last Church schauen wir uns das Werk zweier Künstler an, die alte Schrottautos, davon gibt’s in USA ja an jeder Ecke genügend, angemalt und in der Landschaft gestalterisch frei angeordnet haben. Wie auch immer sie die hochkant aufstellen konnten. Jedenfalls lässt der Schnee das Werk noch kontrastreicher erscheinen, indem er die Farben leuchten lässt.
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In Tonopah übernachten wir in dem historischen Mizpah Hotel, dessen Geschichte 1907 während des großen Silberbooms in Nevada begann. Volker buchte die Wagon Suite, wir schlafen daher in einer zum Bett umgebauten Kutsche. Das handgeschnitzte Wagenbett nimmt fast den ganzen Raum ein, der außerdem über eine Westernausstattung aus dem Jahr 1908 verfügt. Fast kämen wir uns vor, als würden wir mit Little Joe und Hop Sing vom Einkaufen in Virginia City zurück zur Ponderosa fahren, wäre der Bock nicht verkehrt herum montiert.
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16.03.2025 – Cedar City ohne Zedern
Auf unserer Weiterfahrt von Nevada nach Utah machen wir einen Abstecher zur Cathedral Gorge, eine erstaunliche Steinformation, was eine erfrischende Abwechslung ist nach ewig langweiliger Landschaft und ewig langem Geradeausfahren. Einerseits im Ganzen schön und imposant anzusehen und andererseits gibt’s ein paar zum Teil sehr enge Slots zu erkunden. Man kann einfach mit dem Auto vorfahren, picknicken, wandern oder sich nur durch die Felsspalten quetschen. Für jeden ist was dabei. Die gelbbraune Steinformation aus Türmen, Canyons und Klippen wurde über zig Millionen Jahre durch Vulkane, Erdbeben, Wasser und Erosion geschaffen und wird auch weiterhin durch Erosion geformt. Fast 800 Hektar Land, einst die Heimat der Fremont und der Südlichen Paiute, ist seit 1935 einer der ersten State Parks Nevadas.
Wir schlafen im Hotel La Quinta Inn & Suites by Wyndham, gänzlich unspektakulär – so wie Cedar City.
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17.03.2025 – Bryce Canyon City (neu seit 2007)
Diesmal war der Weg Weg und das Ziel Ziel. Auf der kurzen Strecke von Cedar City hierher gabs fast nichts, außer den Scenic Byway zu bewundern. Aber nach den schnurgeraden Straßen in Nevada mit dem kilometerweiten Nichts rechts und links, wo man sich nur fragt, wo die wenigen Leute einkaufen, die hier verstreut in Mobilheimen leben, ist das eine Wohltat für die Augen. Als kleiner Gruß aus der Küche und zur Einstimmung auf die Hauptspeise kommen wir auf dem Weg zum Bryce Canyon durch den Red Canyon. Aber noch spektakulärer, als die purpurrote Farbe der Felsen, ist der Anblick der beiden, kurz hintereinander liegenden Tunnel, die in die Felsen geschlagenen wurden.
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Bis zum Einchecken haben wir genügend Zeit, den Bryce Canyon bis zum Ende durchzufahren und an jedem Aussichtspunkt anzuhalten, um alles ausgiebig zu knipsen und zu bewundern. Die Saison geht von April bis Oktober, das heißt jetzt ist‘s recht leer und man kann (muss) mit dem eigenen Auto fahren. Wie sich das mit den Shuttlebussen während der Saison ergibt, die dann Pflicht sind, kann ich nicht beurteilen. So ist es jedenfalls individuell und man ist für sich.
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Der Park wurde nach Ebenezer Bryce benannt, der 1875 in diese Region kam. Zuvor zogen hier Schönwetter-Indianerstämme durch und in den 1870er Jahren siedelten sich wetterunabhängige Mormonen an. 1923 wurde der Bryce Canyon zu einem National Monument und 1928 zu einem National Park erklärt. Und, was jetzt wirklich unerwartet kommt, der Canyon ist gar kein Canyon, sondern ein Amphitheater. Um als Canyon durchs Leben zu gehen, muss ein Fluss die mühselige Arbeit des Ausschachtens erledigt haben. Erodierende, sich zurückziehende Hochebenenränder, so wie hier, werden durch Jahreszeit bedingte Fließgewässer in Form von Regen oder Schneeschmelze gestaltet. Tja, da hammwer was gelernt!
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18.03.2025
Wettervorhersagen, was soll man davon halten? Mal stimmen sie und mal nicht. Gestern hätte es hier eigentlich schneien sollen. Hat es aber nicht. Stattdessen hatten wir wunderbares Wetter. Und für heute war wieder Schnee angekündigt. Und, was soll ich sagen? Diesmal stimmts. Und alle warmen Jacken liegen im kalt verschneiten Auto. Perfekt. Also stapfen wir durch den wirbelnden Schnee zum Frühstück und warten erst mal ab, was die Sonne so im Laufe der Zeit noch zu bieten hat. Sie hat was zu bieten, zumindest gute Fotobeleuchtung und blauen Himmel. Aber gegen den schneidig kalten Wind reicht das nicht.
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Nach dem wir unsere Sachen auf der Heizung aufgewärmt und das Auto freigeschaufelt haben, fahren wir erst mal die Aussichtspunkte an, die von gestern noch übrig waren, und ich wundere mich, warum es heute um so viel voller ist als gestern. Ob heute wieder mal ein Feiertag ist, von dem wir nichts wissen? Nein. Die Lösung ist viel naheliegender. Die Weiterfahrt in den Park ist gesperrt. Die Schneeräumer waren heute zwar fleißig, aber für den ganzen Park hats nicht gereicht. Macht uns nix. Wir können noch alle Punkte abfahren, die wir gestern übriggelassen haben. Und den gesperrten Bereich hatten wir schon komplett. Der Himmel: blau. Der Schnee: frisch. Der Wind: leider auch, und zwar sehr. Daher sind wir froh, dass für heute nicht mehr so viel auf unserem Programm stand. Außer einer Wanderung entlang des Navajo Loops. Aber der geht so steil runter und wieder rauf, das wäre eine Rutschpartie geworden. Und ich bin auch so schon total atemlos, komme schon bei geraden Strecken völlig außer Puste. Die Luft ist dünn in 2.700 Metern Höhe und das macht sich in mir bemerkbar: ich bin kurzatmig und hab Schnappatmung. Auf jeden Fall bietet der Schnee einen schönen Kontrast zum Rot der Hoodoos.
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Apropos Rutschpartie: die meisten Leute hier sind angemessen ausgerüstet, manche tragen sogar Schneeketten an den Schuhen. Aber wie kommt man auf die Idee, mit kurzen Hosen, Badeschlappen oder sogar auf Socken hier herumzulaufen? Oder mit Schlafanzug und Wolldecke?
Wir nächtigen direkt am Nationalpark im Ruby‘s Inn, das älter ist, als der Park selbst. Bereits 1916 hat Reuben C. Syrett, genannt Ruby, eine Lodge namens „Tourist Rest“ am Rande des Canyons gebaut. Als der Bryce Canyon zum Nationaldenkmal erklärt wurde, nannte er es in Ruby’s Inn um. Wir schlafenhier allerdings nicht so historisch, das alte Haus dient uns nur als Lobby und Restaurant, sondern in einer der separaten Lodges in Form von gewöhnlichen Motels.
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19.+20.03.2025 – Tusayan my Lord
Weiter geht die wilde Fahrt von Utah nach Arizona. Vorbei an sehr wechselhafter Landschaft. Was gerade noch leuchtendrot und toll geformt ist, ist von einer Minute zur anderen flache und eintönige Mondlandschaft. Und dann tun sich wieder rote Bergzüge auf. Sehr abwechslungsreich. Die Stunde Zeitunterschied, die uns von Nevada nach Utah genommen wurde, haut Arizona großzügig wieder drauf. Gut, dass unser Auto das automatisch macht, wir hätten‘s sonst gar nicht gemerkt. Was ich mich auf dem Weg gerade so frage: wenn der Bryce Canyon nach Ebenezer Bryce benannt ist, ist dann der Grand Canyon nach Cary Grand benannt? Für heute wird nur noch eingecheckt und zu Abend gegessen. Morgen geht’s in den Park.
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Zeit ist relativ. Wer wüsste das nicht? Und normalerweise vergeht sie beim Warten langsamer als wenn das passiert, auf das man gewartet hat. Aber umgekehrt? Auf unserem heutigen Weg zurück in den Grand Canyon National Park stehen schon nach kurzer Fahrstrecke Schilder am Straßenrand, die die voraussichtliche Wartezeit bis zum Eingang angeben. Am ersten mit 1,5 h fahren wir noch flüssig vorbei um kurz darauf das Ende eines Staus zu bilden. Mannomann, was ist denn hier los? Und wie mag dann erst an Feiertagen oder Wochenenden hier aussehen? Im Stau selbst geht’s immerhin vorwärts, wir schleichen an 60-min-, 45-min- und 20-min-Schildern vorbei und kurz darauf teilt sich die Spur, wir zeigen unseren Nationalpark-Pass vor und sind drin. In genau neunzehn Minuten gesamt.
Die Parkplätze am Visitor Center sind überfüllt. Dennoch finden wir problemlos eine Lücke in der Nähe des Shuttlebusbahnhofs. Hier ist nämlich bereits ab März Bus statt Auto angesagt.
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Also stellen wir uns an der blauen Linie an, mit der wir bis zur Endstation fahren, um dort in die rote Linie umzusteigen. Die bringt uns zu allen schönen Aussichtspunkten.
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Wir können aussteigen, rumlaufen und knipsen und in den nächsten Bus wieder einsteigen. Wir könnten den ganzen Weg auch zu Fuß erledigen oder zumindest Teile davon, denn entlang des Rims verläuft ein Fußweg. Uns reicht das mit dem Bus. An der Endstelle geht’s auf die gleiche Weise retour. Allerdings haben nicht nur wir auf dem Hinweg alles gesehen, sondern niemand steigt mehr aus. Alle wollen nur noch zurück. Die Sonne ist weg und es ist kalt geworden.
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Bei dem Gedanken daran, dass wir nicht mit dem eigenen Auto, in dem wir alles Notwendige dabeihaben, sondern mit einem Bus mit vielen anderen Menschen unterwegs sein würden, war uns nicht ganz wohl. Es stellte sich jedoch heraus, dass das nur für den blauen Zubringerbus zutraf. Der rote, der direkt am Canyon die Aussichtspunkte ansteuert, auf den man nie lange warten muss und der nie überfüllt ist, ist dagegen sehr bequem. Keine ständige Parkplatzsuche, nicht auf andere Parkplatzsucher achten, sondern einfach nur raus aus dem Bus, Aussicht genießen und wieder rein in den nächsten Bus.
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Ach so, die Einblicke sind natürlich fantastisch. Ich hatte erst Sorge, dass das die falsche Reihenfolge wäre, dass der grobmotorische Grand Canyon nach dem filigran märchenhaften Bryce Canyon nicht zur Geltung kommt. Aber die beiden kann man nicht vergleichen, jeder ist auf seine Weise beeindruckend.
Wir übernachten im Motel der Red Feather Lodge in Grand Canyon Village, die zu dem klassischen Motel ein Hotel hinzugebaut hat.
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21.-24.03.2025 – Laughlin the air
Teilstücke des Weges von Arizona zurück nach Nevada führen uns über die historische Route 66. Den ersten Stopp legen wir in Seligman ein, einem verschlafenen Ort mit Schrott… äh Antiksammlern. In Amerika wird alles als antik bezeichnet, was bei uns so in Kellern oder Dachböden schlummert oder auf den Sperrmüll kommt. Jedes Häuschen an dem Highway stellt alle möglichen alten Sachen vor die Tür, von alten Autos bis hin zu Kloschüsseln. Es gibt auf alle Fälle eine Menge Fotomotive, man kann entlang der Straße einige Kuriositäten entdecken.
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Ein paar Meilen weiter geht’s wieder vom Highway ab, um auf der Route 66 weiter nach und durch Oatman zu fahren. Nach Oatman entpuppt sich die Straße als Scenic Way, eine kurvige Achterbahnstrecke. Durch Oatman entpuppt sich als historische Westernstadt mit wild lebenden Eseln, die es sich angewöhnt haben, dort nach Futter zu betteln. Und es wird ihnen reichlich gegeben. Die Esel locken Touristen in den Ort und dafür werden sie entlohnt. Eine Win-win-Situation für alle. Es ist auf jeden Fall ein Highlight, die gemütlichen Grautiere mitten durch die ehemalige Goldgräberstadt spazieren zu sehen. Zu guter Letzt landen wir in Laughlin, aber davon morgen mehr…
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Laughlin, ein Las Vegas für Arme, oder für die, die sich Las Vegas nicht leisten wollen. Hotelpreise sind niedrig, es werden weder Park- noch Resortgebühren erhoben. Für die Landbevölkerung mit Cowboyhut und -stiefeln. Wenn ich das bisher richtig beobachtet habe, sind wir die einzigen Nicht-Amerikaner. Ein kurzer, kurviger aber weitläufiger Strip mit einer Handvoll Casino-Hotel-Hochhäusern entlang des Colorado Rivers. Selbst am Wochenende geht es hier ganz entspannt zu. Ein Wassertaxi verbindet die einzelnen Casinos miteinander. So kann man bequem, allerdings für fünf Dollar pro Person und Weg, vom eigenen zum nächsten fahren.
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Volker hatte entdeckt, das im Amphitheater des Harrah’s Bands aufspielen sollten, die er sich gerne ansehen würde. Also zwei Fliegen mit einer Klappe: wir nehmen das Wassertaxi, ich hab meine Bootsfahrt und er sein Konzert. Und für mich wird’s auch nicht mehr. Wir stehen am Box Office und warten, und während wir da so stehen lerne ich, dass man nur kleine transparente Taschen mit ins Theater nehmen darf. Meine Umhängetasche ist zwar klein, aber leider nicht durchsichtig. Ausnahmen gibt’s keine, Aufbewahrungsmöglichkeiten auch nicht. Also fahre ich wieder zurück und Volker kauft nur ein Ticket. Viele andere haben den Hinweis nicht rechtzeitig gesehen und werden nicht eingelassen. Komisches System.
Wie das Konzert war erzählt Volker ein paar Seiten später.
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Laughlin gefällt mir so gut, wie ich es mir vorgestellt hatte. Wobei man zwar am Colorado entlang von Casino zu Casino spazieren könnte, aber leider das spektakulärste, Colorado Belle in Form eines riesigen Raddampfers, nicht mehr in Betrieb und damit auch der Vorbeiweg gesperrt ist. So bleiben wir zu Fuß hauptsächlich im Bereich unseres Hotels.
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Unsere Unterkunft, das Aquarius Casino Resort besteht aus zwei 18-geschossigen Hoteltürmen, die durch das eingeschossige Casino mittendrin verbunden sind. Fahrstühle, die ohne die Zimmerschlüsselkarte zu bedienen sind, sagen uns, dass diese Sicherheitsvorkehrung hier wohl nicht nötig ist. Große Zimmer, mehrere Restaurants, darunter ein Outback, ein großer Außenpool und eine gemütliche Terrasse mit Feuerstelle und an Wochenenden mit Livemusik. Die Casinogäste sind 50+ und die Atmosphäre ist entspannt.
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24.-30.03.2025 – Vegas, Baby
Auf dem Weg zurück von little Las Vegas zum großen machen wir einen kleinen Abstecher in die Geisterstadt Nelson. So ganz den Toten überlassen ist sie nicht, denn hier kümmern sich welche um die Hinterlassenschaften und fügen Neues hinzu. Die Ghost Town besteht aus ein paar alten Holzhäusern, die vor dem Eingang einer ehemaligen Goldmine stehen. Dazwischen gibts ein Sammelsurium aus alten, rostigen Werkzeugen, Autos und sonstigen Gegenständen, aber auch Kuriositäten aus neuerer Zeit. Alles scheint arrangiert zu sein, um perfekte Hintergründe für Fotografen zu bieten. Hauptsächlich werden Führungen und Hochzeiten angeboten, man kann sich aber auch auf eigene Faust umschauen. Schade ist, und das ist harmlos ausgedrückt, dass es hier, wie aber auch anderswo, immer einige dumme Menschen gibt, die es nötig machen, dass vieles nicht mehr einfach so angesehen und fotografiert werden darf. Es wurden riesige Warnschilder aufgestellt, und das wahrscheinlich nicht ohne Grund. Warum sind Menschen nur so dämlich und versauen nicht nur sich, sondern auch allen anderen das Leben? Und wahrscheinlich sind es noch dieselben, die später am lautesten klagen, dass früher alles besser gewesen wäre.
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Zurück in Vegas bevolkern wir diesmal den Strip in Paradise, gegenüber des ehemaligen Mirage, das zurzeit zu einem Hard-Rock-Casino umgebaut wird. Ein Hauch von Eau de Müll liegt hier weitläufig in der Luft. Trotz der zentralen Lage haben wir einen weiteren Fußweg zu den Bellagio Fountains in Kauf genommen zugunsten des kleineren Hotels mit seinen sehr kurzen Wegen vom Zimmer zum Strip.
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Das schöne an Vegas: man fährt maximal eine Stunde in irgendeine Richtung und ist in der Natur. Zum Beispiel eine halbe Stunde Richtung Süden hat der Schweizer Künstler Ugo Rondinone in der Mitte von Nichts ein paar dicke Felsbrocken quietschbunt angemalt und zu sieben Türmen Seven Magic Mountains gestapelt und schon macht jemand einen großen Parkplatz davor und die Masse hat ein Ausflugsziel. Lohnt auf jeden Fall, ist imposant und inspirierend, aber man ist nie alleine.
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Oder man fährt eine dreiviertel Stunde Richtung Nordwesten und landet gut 2.300 Meter höher und fünfzehn Grad kälter inmitten schneebedeckter Berge. Wenn’s einem in Vegas zu heiß wird, kann man sich am Mt. Charleston gut abkühlen. Wird’s in Vegas zu trubelig, findet man hier Entspannung.
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Eine halbe Stunde westlich liegt der Red Rock Canyon. Der Statepark verhindert, dass der Stadtrand sich weiter ausbreiten kann, obwohl er es unermüdlich und fast erfolgreich versucht. Es ist erschreckend zu sehen, wie weit die eng bebauten und eingezäunten Wohnsiedlungen vorgedrungen sind. Das werden bestimmt auch die denken, die sich einst mit voller Absicht so weit außerhalb niedergelassen haben.
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Ist das Wetter schlecht und man hat keine Lust, irgendwohin zu fahren, geht man mal eben nach Italien. Das Venetian ist eine Welt für sich. Kanäle mit singenden Gondolieri und Gassen und Plätze mit vielen verschiedenen Restaurantes simulieren Venedig. Über die Rialtobrücke führt ein gebogenes Laufband und man bummelt von einer Gasse in die nächste, bis man sich verlaufen hat. Und man beobachtet ein Publikum, das gemischter nicht sein kann. Neben den normal angezogenen, zu denen ich uns zählen möchte, gibt’s vor allem zwei Gruppen: die eine schick in Abendgarderobe, Pailletten, lange Kleider, hohe Stöckel, Gäste einer eleganten Hochzeitsgesellschaft. Die andere, graue Zottel, Hippies mit bunten Batikshirts, Alt-68er, haben offensichtlich Tickets für ein Dead & Co.-Konzert, den ehemaligen Grateful-Dead, das in der Sphere stattfindet.
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Unser Quartier haben wir im Best Western Plus Casino Royale, einem kleinen Casino mit angrenzendem ebenfalls kleinem Hotel und kleinem Poolbereich. Direkt am Strip haben wir eine kleine Oase fast nur für uns. Zentral gelegen, zu einer Seite das Venetian, zur anderen das Harrah’s, und doch ganz ruhig und fast abgeschieden. Beinahe wäre es abgerissen worden. Der Platz ist aber auch zu genial, um darauf etwas viel Größeres, vor allem Höheres zu bauen. Wir wissen nicht, woran der Plan scheiterte, sind aber froh, hier wieder übernachten zu können. Der einzige Wermutstropfen: der Müllgestank, der ab und zu und je nach Windrichtung von der Rückseite der Nachbarhotels her weht. Da fragt man sich, wie das wohl im Sommer duftet – oder lieber nicht. Man merkt, dass Wochenende ist. Nicht nur an der Zunahme an Touristen, sondern vor allem an der Zunahme zwielichtiger Gestalten, die sich schon tagsüber rund ums und auch im Casino Royale herumtreiben. Zum Glück bleibt unsere kleine Oase davon unberührt und wir haben den kleinen Innenhof samt Pool fast oder auch ganz für uns. Ansonsten ist die Ecke schäbig. Die Restaurants und Imbisse sind davon nicht ausgeschlossen. Überall müffelts, nichts sieht angenehm oder appetitlich aus. Also halten wir uns nach dem Relaxen am Pool gerne im Venetian auf, wo die Welt eine ganz andere ist, oder fahren raus in die Natur.
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Downtown hat uns ein bisschen besser gefallen als der Strip, obwohl die Menge an Polizisten, Sherriffs und Security schon zu denken gibt. Es muss ja einen Grund haben, warum da so viele Ordnungshüter präsent sind. Am besten hat uns Laughlin gefallen. Ruhig, sauber, ordentlich und friedlich. Wenn’s da noch ein Fat Tuesday gäbe, wäre es perfekt. Aber, wie meist im Leben, man kann nicht alles haben. Außerdem haben wir dort keine Penner gesehen. In Downtown Vegas und in Paradise wimmelt es nur so von vor Dreck stehenden Gestalten mit und ohne Pappschild, auf dem um Hilfe gebeten wird. Die meisten jedoch sind so zugedröhnt, dass es selbst dazu nicht mehr reicht.
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30.03.2025 – Heimwärts geht’s Unser Rückflug startet sehr spät, erst gegen 22 Uhr geht der Flieger. Einerseits schön, wenn man sich nicht beeilen muss, aber andererseits muss man, gestiefelt und gespornt, auch noch die Zeit rumkriegen. Immerhin geht’s direkt nach London, und dort haben wir auch nicht mehr so lange zu Warten wie auf dem Hinflug. Dennoch sind wir sehr spät zuhause und im Bett.
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Fazit Wir sprühen‘s an jede Wand: nie wieder in das Land! Damit wir‘s nicht vergessen und nicht noch einmal auf unsere Erinnerungen reinfallen. Die Zeiten des entspannten und preiswerten Reisens sind längst vorbei. Die Preise haben sich verdoppelt, die Touristenmassen mehr als verdoppelt, die Amerikaner sind längst nicht mehr so freundlich und wir haben fast alles gesehen. Landschaftlich ist es weiterhin mehr als reizvoll, nirgendwo gibt es vergleichbares, was sowohl das Spektakuläre als auch die Abwechslung betrifft, in Kombination mit der Infrastruktur. Durch unsere frühe Reisezeit waren Hotelpreise und Massentourismus akzeptabel und wir haben doch noch einiges für uns Neues sehen können. Volker hat eine sehr schöne, entspannte Runde ausgearbeitet, an der auch nachträglich nichts zu ändern wäre. Außer der letzten sechs Tage im Casino Royale, da hätte es auch die Hälfte getan.
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