ß Und so riecht es nur hier.
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Diese alten Autos, die seit Generationen vererbt oder weitergegeben werden und die sich in nicht seltenen Fällen nicht mehr im Originalzustand befinden, sind motortechnisch zwar auf dem Laufenden jedoch nicht mehr auf dem neuesten Stand. Die alten Maschinen werden mit allem gefüttert, was an Treibstoff aufzutreiben ist – und das riecht man. Ganz Havanna ist in eine feine Note Sprit Nº 5 gehüllt.
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Riechbar, sobald man ein Fenster öffnet oder vor die Tür tritt, sichtbar als dunkelgraue bis schwarzwolkige Auspuffgase und fühlbar, wenn man sich nach einem Regenschauer oder überschäumender Gischt am Malecón auf dem Gemisch aus Wasser und Öl/Sprit wie auf Schmierseife auf die Fresse legt. Hier ist es wirklich slippery when wet. Und wären wir in USA, wäre die Stadt zugepflastert mit diesen gelben aufstellbaren Schildern.
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Natürlich gibt es in la Habana keine Umweltzonen und auch keine grünen Plaketten, die Oldies kämen auch mit Sicherheit schon seit Jahren über keinen deutschen TÜV. Aber in Kuba müssen ja auch keine neuen Autos an den Mann gebracht, kein Industriezweig gestützt und keine Manager überhöht ausbezahlt werden. .
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Für die grünen Plaketten hätten die Autos sowieso keinen Platz: die Windschutzscheibe besteht aus 1/3 Sehschlitz, oberes und unteres Drittel sind jeweils mit dunklen Folien abgeschirmt, und die Heckscheibe ist mit einem sie ausfüllenden Pioneer-Schriftzug beklebt.
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In den heruntergelassenen Fenstern beider Türen liegen sattelähnliche Lederpolster auf denen die Ellbogen der Insassen bequem abgelegt werden können. Hybrid bedeutet hier eine Mischung aus Kerosin und Diesel.
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Wir zogen es erst mal vor, uns an den unzähligen alten Autos satt zu sehen. Die einen schön, die anderen rostig. Jedes mit einer anderen Kühlerfigur ausgestattet. Wir wundern uns über die Vielzahl der unterschiedlichen Modelle, die in den 50er Jahren hergestellt wurden und kommen zu dem Schluss, dass die meisten wohl nicht mehr im Originalzustand sondern Einzelstücke sind, die dank der Kreativität und dem handwerklichen Geschick der Besitzer zu ihrer Individualität kamen.
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Manche Fahrzeuge zierte daher auch ein chromfarbener „Custom“-Schriftzug. Wo der nötige Platz vorhanden war, wurde noch eine zusätzliche Sitzreihe eingebaut.
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Fahrzeuge sind rar, nur wenige Kubaner dürfen sich überhaupt ein neues Auto kaufen, daher werden die alten gehegt und gepflegt und man nimmt so viele Anhalter mit, wie reinpassen.
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Wäre Kuba erst 50 Jahre später in den Dornröschenschlaf gefallen, mit Autos, die nur noch elektrisch, elektronisch und computergesteuert funktionieren, würden diese ohne die passenden Werkstätten, Ersatzteile, Computer, Lese- und Diagnosegeräte nicht mal 5 Jahre überlebt haben und fristeten längst als Blumenkübel, Nistkästen, Wäscheständer oder Gartenlaube ihr Dasein.
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Es gibt allerdings auch ein paar Neuanschaffungen, die irgendwie nicht in dieses schwarz/weiß-Bild passen wollen: Doppeldecker- und Reisebusse für die Touristen sowie Countdown-Ampeln aus China. Was die Busse betrifft, so würde ich behaupten wollen, ist Kuba übers Ohr gehauen worden. Auf den ersten Blick sehen sie aus wie richtige Busse, nagelneu und perfekt in Ordnung. Neu sind sie wohl auch, wie man den Gebrauchsspuren entnehmen kann, aber alles andere als in Ordnung. Da haben die Chinesen offensichtlich nur nach Fotos kopiert, ohne irgendeine Kenntnis der Funktionen. Diese Busse haben schon so gerappelt und gequietscht, wie alte, europäische nicht nach 50 Jahren.
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Und ich bin gespannt, wie lange die Countdown-Traffic-Lights die jeweils verbleibende Zeit zwischen Rot und Grün anzeigen bevor ihnen das Licht ausgeht.
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