Wir werden alt?
War das schon immer so? Oder bin ich in dem Punkt nur empfindlicher geworden? Jedenfalls reden mich immer mehr Leute mit Ma’m an. Die einzig erfreuliche Ausnahme, die mich liebevoll „my dear“ (und ich hoffe, das war kein deer) nannte, wurde durch Volker an seinen deutschen Großpapa erinnert.
Als dann noch am letzten Tag auf dem Weg zum Flughafen ein schätzungsweise gleichaltriger Mann mir seinen Platz im Shuttlebus anbot, nicht ohne noch ein Ma’m hinten anzuhängen, war ich zum ersten (und einzigen) Mal froh, dass der Urlaub dem Ende zuging.
Und am Ende wird alles gut
Jedenfalls ist Volker davon in seinem unerschütterlichen Optimismus überzeugt. Und meistens behält er auch Recht. Auch wenn das gute Ende am Ende in ferner Zukunft liegt und der Weg dorthin nicht ganz so unterhaltsam ist. Ich dagegen bevorzuge in leichte bis mittelschwere Panik zu verfallen, wenn etwas, auf das ich selbst keinen Einfluss habe, nicht so läuft, wie es soll. Nur das Planen von Notfallplänen B bis – je nach Schwere des Falles – Z hilft mir, nicht ganz durchzudrehen. Und wenn Plan B steht und für mich eine akzeptable Lösung darstellt und mich diese Gewissheit beruhigt hat, dann wird meistens am Ende alles gut – manchmal sogar nach dem ursprünglichen Plan A.
Eigentlich wollte Volker Meilen einlösen. Und damit sich das auch richtig lohnt, hatten wir uns als Ziel Hawai’i ausgeguckt. Leider wurden keine für uns akzeptablen Verbindungen angeboten, so dass wir uns entschieden, lieber mit LTU direkt von Düsseldorf nach Las Vegas und zurück von Los Angeles wieder nach Düsseldorf zu fliegen. Die machen das ja mehrmals die Woche. Kaum gebucht, hat Lümmel-Treiben-Unfug beide Strecken aus dem Programm genommen. Komisch, dass der Einzelhandel nicht für Produkte werben darf, die nicht in ausreichender Anzahl vorrätig sind, das Laber-Taschen-Unternehmen aber weiterhin für Strecken wirbt, die gar nicht mehr im Programm sind. Aber bei den Preisen gibt es ja offensichtlich auch andere Gesetze....
Jedenfalls bot man uns als Alternative Frankfurt-Las Vegas und Los Angeles-New York-Düsseldorf an, den Flug von Düsseldorf nach Frankfurt musste Volker erst durchsetzen.
Also wurde alles doch so umständlich, wie wir es eigentlich nicht wollten, und wir hätten auch die Meilen einlösen können. Leider blieb es nicht nur bei Unbequemlichkeiten. Luschen-Tuscheln-Unsinn musste ja nun Leistungen, die sie eigentlich selbst erbringen sollten, durch andere durchführen lassen. Und was auf dem Hinflug nach Frankfurt durch Lufthansa noch problemlos klappte, ging leider auf dem Rückflug Los Angeles-New York durch Delta in die Hose. Aber alles von Anfang an:
Im Hotel sah die Welt noch relativ gut aus. Relativ weil: schlecht war, der Urlaub ist zu Ende, immerhin gut war, dass eine Mail von Delta bestätigte, dass unser Flug wie geplant stattfindet. Früh um halb sechs waren wir am Flughafen und wundern uns noch, dass es in der relativ kurzen Schlange beim Einchecken kein Vorankommen gibt. Als wir endlich an der Reihe sind, erfahren wir auch den Grund: diverse Flüge von und nach New York sind wegen Glatteis gecancelt, u. a. auch unser. Na toll, das sind die Momente, in denen ich nervös werde. Und was jetzt? Die Delta-Dame ist im Gegensatz zu mir die Ruhe in Person und sucht mit aller Geduld nach Alternativen und findet sie auch. Nur das Umsteigen in Atlanta sei mit 45 Minuten etwas knapp. Mein optimistischer Volker sieht darin kein Problem, das reiche dicke. Ich sehe schon wieder alles, was uns aufhalten kann: schlechtes Wetter, Stau beim Start, Warteschleife bei der Landung, kein freier Parkplatz, Tragflächenenteisung und Reifenwechsel lasse ich mal außer Acht... die Minuten summierten sich nur so in meinem Kopf. Und dabei habe ich noch nicht mal die Zeit berechnet, die wir zu Fuß zurücklegen müssen, da unsere Gates grundsätzlich immer die letzten sind. Eigentlich müssten wir nur den richtigen Flügel suchen und den bis hinten durch gehen, dann sind wir immer richtig.
Volker meint aber, egal was passiert, Hauptsache, wir sind schon mal in Atlanta. Und schon sind wir bei einem neuen Problem. Leider-Transport-Unfähig hat uns, trotz mehrfachen Nachfragens, für den Flug nach New York kein Papierticket ausgestellt und obwohl unser Flug bei Delta gelistet ist, wäre das zwingend notwendig, da Delta keine Verträge mit Lieber-Trampt-Uli hat (und ich sehe auch schon warum). Bis Samstag und auf Wetterbesserung in New York warten wollten wir nicht und daher berappen wir die 850 $ für diesen Flug, damit es endlich weiter ging.
Unser Flieger ist überfüllt, da wir nicht die einzigen sind, die eigentlich andere Pläne hatten. Natürlich flogen wir eine Warteschleife und natürlich brauchten die Leute vor uns eine Ewigkeit, den Flieger zu verlassen, und natürlich kommen wir am hintersten Ende von Gate T an und müssen ans hinterste Ende von Gate A. Wir stratzen, was das Zeug hält (meep meep) und laufen Slalom durch die Menschenmassen und erwischten den Flieger als allerletzte. Man hätte nur noch auf uns gewartet... naja, und auf alle die, die in den folgenden gut 15 Minuten noch kommen sollten. Es war noch reichlich Platz und alle klatschten, als die Tür endlich geschlossen wurde – weil niemand seinen frisch erworbenen Platz wieder verlieren wollte. Aber die Crew schien vom Theater zu kommen, denn nach jedem Freudesausbruch zogen sie den Vorhang wieder hoch und es kamen noch mehr Leute...
Wir durften unsere Plätze behalten und sind trotz allem Unvorhergesehenen pünktlich und noch vor dem Lotterie-Ticket-Unternehmen aus New York gelandet. Ich dachte, die haben da Glatteis...?
Unserem Gepäck hatten wir den schnellen Wechsel in Atlanta nicht zugetraut, was auf dem Nachhauseweg nicht ganz so schlimm ist. Wir mussten aber, pro forma sozusagen, auf den letzten Koffer warten um unsere als vermisst melden zu können. In dieser Zeit sah Volker sich schon mal nach dem Lostandfound-Schalter um. Tja, und was soll ich sagen: unsere Koffer hatten es auch geschafft. Zwar als allerletzte und Volkers taucht inkognito (ohne das bunte Kofferband) genau in dem Moment auf, als er die Vermisstenanzeige gerade aufgegeben hatte. Am Ende wird eben immer alles gut.
Jetzt muss Volker nur noch die 850 $ zurückbekommen...
Aloha from Hawai’i und Mahalo für’s Zuhören/Mitlesen!
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