„Chicago welcomes you“ – es mag einen Grund haben, warum dieses Schild versteckt, klein, mickrig und angeschmuddelt, neben einem Imbiss hängt. Jedenfalls begrüßt uns der Flughafen mit einer ganzen Stunde Verspätung und nur 4 °C am Mittag. Die dadurch fast halbierte Umsteigezeit verkürzt sich noch zusätzlich durch eine Uli-Spezial-Immigration. Irgendetwas stimmt mit meinen Fingerabdrücken nicht. Der freundliche Officer versucht auch meine andere Hand, fertigte dann aber erst Volker ab, um mich in einen separaten Zollraum zu bringen, der voll von Drogen-, Menschen- und Waffenschmugglern ist. Da sitze ich nun, keine Ahnung, was passieren und wie lange es dauern wird. Die, bis auf eine Ausnahme, ausschließlich gemischt-dunkelhäutige Gruppe Wartender macht mir keine Sorgen, sondern als einziges die verschwindende Zeit, wir müssen ja auch noch das Terminal wechseln. Und auch sonst bin ich mir keiner Schuld bewusst. Immerhin nutze ich die Zwangspause, um mir über meine Fingerabdrücke Gedanken zu machen. An drei Fingerkuppen habe ich schlecht verheilende Verbügelungswunden, die bei der Arbeit immer wieder aufreißen. Das muss es wohl sein. Irgendwann wird der einzige Weiße, offensichtlich auch Deutscher, aufgerufen und bekommt seinen Pass zurück. Danach kommt ein Name, der nicht zu verstehen ist, zum Glück aber direkt buchstabiert wird. Jippie, das sind meine vier Buchstaben. Volker wartet draußen schon mit dem Gepäck und dank eines aufmerksamen Officers dürfen wir uns in der langen Schlange für die Zoll-abgebe-Zettel ganz vorne einsortieren. Wir finden die Terminal-verbindungs-Bahn schnell, sie wartet bereits mit offenen Armen auf uns. Beim erneuten Sicherheits-Check trennt man uns, Volker darf durch und ich muss beim Pult stehen bleiben, dann ist erst mal Schichtwechsel. Nachdem die neue Kollegin begreift, dass ich noch nicht abgefertigt bin, sucht sie meine Handinnenflächen nach gefährlich kurzen Lebenslinien ab. Oder was auch immer. Der nächste Officer schickt mich erst mal wieder zurück, weil ich nicht mit dem dicken alten Mann verheiratet bin, hinter dem ich mich zur Ticketkontrolle anstelle. Ich stell mich aber auch immer an… Dann schnell Rucksack und Jacke aufs Band, Schuhe anbehalten, nicht gepiept und in meinem Rucksack wird eine schwer verdächtige Flasche entdeckt. Ich hatte das Fläschchen Wein aus dem Flugzeug eingesteckt und völlig vergessen... Unser Gate ist natürlich und wie immer das letzte oder kurz davor und sechs Minuten vor Boarding erreichen wir es. Tja, aber auch hier geht’s nicht pünktlich los, es wird ein noch fehlender Flight-Attendent ausgerufen. Ich will Volker schon vorschlagen, nach fast 400 Flügen muss er das doch langsam auswendig können. Nach 2:09 Stunden Flug in einer uralten MD80 in Denver angekommen, rechne ich nach des Gesetzes Serie fest damit, dass mein Koffer nicht mitgekommen ist, denn erst kommt Volkers und dann lange, lange nichts. Gut, da ist er dann doch, aber er wurde doch wenigstens durchsucht? Fehlanzeige. Alles in bester Ordnung. Dann hat’s eindeutig an Chicago gelegen. Mein Mantra für einen langen Flug ist ein großes Steak und ein großes Bier. Beides wird proportional zu Fluglänge und Hunger immer größer. Auf halber Strecke ist das Steak schon sooo groß, und wenn wir endlich im Auto sitzen, muss ich schon das Fenster runter lassen, um „sooooooooo groß“ zu zeigen.
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